Editorial

Sehr geehrte Kollegin, sehr geehrter Kollege,

die letzten Wochen haben uns weitergebracht:

Die Neuordnung der Steuerfachangestelltenausbildung wurde kürzlich im Bundesgesetzblatt verkündet. Das war höchste Zeit, denn die aktuelle Ausbildungsverordnung stammt noch aus dem Jahr 1996 und damit aus einer Zeit, in der „Digitalisierung“ noch ein Fremdwort war. In einer Kick-Off-Veranstaltung hat die Bundessteuerberaterkammer die neue Ausbildungsverordnung unter dem Motto „Steuerfachangestellte/r reloaded“ in Fulda vorgestellt.

Mit den Kollegen aus den anderen Bundesländern sind wir uns einig: Es gibt nur einen Ausbildungsberuf „Steuerfachangestellte/r“. Die Ausbildung ist daher bundeweit einheitlich auszugestalten. Denn die Kanzleien sollen sich darauf verlassen können, dass der Abschluss bundesweit die gleichen hohen Ansprüche und eine entsprechende Qualität abbildet. Leider haben wir hier in Hessen feststellen müssen, dass die Qualität in den verschiedenen Berufsschulen nicht immer das gleiche Niveau hat. Die neue Ausbildungsverordnung nebst Rahmenlehrplan reichen hierfür jedoch allein nicht aus, um junge Menschen so auszubilden, dass sie den hohen Anforderungen an eine moderne Arbeitswelt gewachsen sind. Papier ist geduldig. Die Umsetzung ist entscheidend und nur das Ergebnis zählt!

Die StBK Hessen möchte deshalb die Stunde nutzen, um die Ausbildung qualitativ insgesamt zu „boostern“, wie wir neudeutsch sagen.

Die Tätigkeit der Steuerfachangestellten ist sehr anspruchsvoll und die Anforderungen der Kanzleien an diese Fachkräfte, wie gesagt, sehr hoch. Damit die duale Berufsausbildung auch künftig neben einem Studium Bestand haben kann, muss sie diesen Anforderungen gerecht werden. Ansatzpunkte für einen Qualitätsbooster sind eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Lernorten, aber auch eine Ausbilderqualifizierung und deutlich mehr berufsbezogener Unterricht durch entsprechend qualifizierte Lehrkräfte. Um dies umzusetzen, sind wir bereits seit Monaten im intensiven Austausch mit dem hessischen Kultusministerium und haben hierfür einen entsprechenden Fahrplan am Start. Denn laut einer Ausbildungsumfrage der StBK Hessen vom Januar agieren Ausbildungskanzleien und Berufsschulen im Ausbildungsberuf „Steuerfachangestellte“ weitgehend überschneidungsfrei nebeneinander. Ziel muss es also sein die Lernortkooperation aktiver auszugestalten, damit umfassende Handlungskompetenzen vermittelt werden können.

Wir haben weiterhin gute Rahmenbedingungen: Der Ausbildungsberuf Steuerfachangestellter ist attraktiv; er ist qualifiziert und existenzsichernd. Unsere Ausbildungszahlen in Hessen haben inzwischen wieder den Stand vor der Pandemie erreicht. Dennoch sollten wir nicht nachlassen für den Ausbildungsberuf zu werben. Ein Baustein, um den Ausbildungsberuf in der Öffentlichkeit wahrnehmbar zu machen, ist eine bundesweit einheitliche und attraktive Ausbildungsvergütung, die den Beruf mit der gebührenden „Wertigkeit“ auch im Vergleich zu anderen kaufmännischen Ausbildungsberufen sichtbarer macht. Hierfür mache ich mich in Berlin und in meinen Gesprächen mit den anderen Steuerberaterkammern stark.

Ergänzt wird die Ausbildung durch attraktive duale Studienangebote. Den durch die StBK Hessen initiierten dualen Studiengang in Steuerlehre an der Hochschule Fulda hatten wir bereits im Rahmen unseres diesjährigen Kammertages vorgestellt. Nun können sich die hessischen Steuerberaterkanzleien mit ihrem Kooperationswunsch direkt an die Hochschule Fulda wenden. Weitere Infos hierzu finden Sie hier.

Zudem konnten wir erreichen, dass die Frist für beide Pakete der Schlussabrechnungen bei den Corona-Wirtschaftshilfen bis zum 30. Juni 2023 verlängert wird. Im Einzelfall können prüfende Dritte sogar bis zum 31. August 2023 eine Fristverlängerung bis spätestens zum 31. Dezember 2023 über das digitale Antragsportal beantragen.

Fristenverlängerungen sind jedoch keine Dauerlösung und nur geeignet, um Spitzen abzufedern. Entscheiden ist vielmehr eine systembruchfreie Digitalisierung der Finanzverwaltung, Bürokratieabbau und mehr Fachkräfte auf dem Markt. Und hier schließt sich der Kreis zum Thema „qualifizierte Ausbildung".

Eine Herausforderung, bei der wir uns mit Nachdruck engagieren, ist der Schutz unserer Verschwiegenheit – eine zentrale Säule unseres Berufs, die für unsere Arbeit unverzichtbar ist. Lesen Sie hierzu den Standpunkt unseres Vizepräsidenten Dr. Ingo Kleutgens in dieser Ausgabe.

Was sich hinsichtlich der von Beginn an unrealistisch gesetzten Fristen bei der Grundsteuer tut, ist aktuell noch völlig offen. Dass sich etwas tun muss, ist aber allen Beteiligten glasklar. Man kann jetzt schon der Presse entnehmen, dass es Fristverlängerungen für Kommunen in einigen Bundesländern gibt. Schön wäre – wie so oft – verlässliche Planungssicherheit für den Berufsstand, anstatt eine bloße Absichtserklärung des Bundesfinanzministers!

Herzlichst,
Ihr Hartmut Ruppricht
Präsident