Hinweisgeberschutzgesetz - Gleichstellung der Steuerberater mit den Rechtsanwälten!
Aktuell wird der Entwurf eines Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (BT-Dr. 20/5992) im Rechtsausschuss des Bundestages beraten.
Das Ziel des Gesetzes, die Verbesserung des Schutzes von Personen, die auf Missstände bei ihren Arbeitgebern oder Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften hinweisen, ist zu begrüßen. Allerdings darf es zwischen Steuerberatern und Rechtsanwälten beim Berufsgeheimnisschutz und damit auch im Bereich des Hinweisgeberschutzes keine Zweiklassengesellschaft geben.
Die berufliche Verschwiegenheitspflicht des Steuerberaters gehört zu den zentralen Kernpflichten des Berufsstands. Die verschwiegene Berufsausübung ist Wesensmerkmal und Grundvoraussetzung der freiberuflichen Berufsausübung. Eine effektive steuerliche Beratung und Vertretung erfordern ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Steuerberater und seinen Mandanten. Nur, wenn sich der Mandant darauf verlassen kann, dass die dem Steuerberater anvertrauten Informationen geheim bleiben, wird er sich diesem auch anvertrauen.
Der Steuerberater in Deutschland ist berufsrechtlich dem Rechtsanwalt weitestgehend gleichgestellt. Die Berufspflichten der Steuerberater und Rechtsanwälte sind nahezu deckungsgleich. Beide Berufe unterliegen einer gesetzlichen, strafbewehrten Verschwiegenheitspflicht und haben im Strafverfahren ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht bzw. für sie gilt das Beschlagnahmeverbot des § 97 StPO. Der Steuerberater ist ebenso wie der Rechtsanwalt ein Organ der (Steuer-)Rechtspflege und damit Angehöriger eines Rechtsberufes. Im Unterschied zu Steuerberatern in anderen europäischen Ländern ist er auch zur Vertretung vor den Gerichten befugt.
Es ist daher unverständlich, warum Steuerberater und Rechtsanwälte beim Hinweisgeberschutz unterschiedlich behandelt werden sollen. Dies widerspricht nicht nur der Stellung des Steuerberaters als Organ der Steuerrechtspflege. Eine solche Zweiklassengesellschaft würde auch in der Praxis zu kaum lösbaren Problemen führen. Steuerberater und Rechtsanwälte üben ihren Beruf vielfach in Sozietäten und Partnerschaften gemeinsam aus. Der Übergang von einer steuerberatenden Tätigkeit zur reinen Rechtsberatung ist in der Praxis oft fließend und bei Mandatsübernahme nur selten erkennbar. Wenn künftig Mitarbeitende des Steuerberaters als Whistleblower unter Bruch der Verschwiegenheitspflicht melden dürften, Mitarbeitende des Rechtsanwalts aber nicht, wäre eine berufliche Zusammenarbeit beider Berufe praktisch nicht mehr möglich.
Auch steht die EU-Whistleblower-Richtlinie einer Ausnahme für Steuerberater nicht entgegen. Denn diese stellt in der englischen Sprachfassung auf das sog. „legal professional privilege“ ab. Laut Gesetzesbegründung ist hierunter – insofern weitergehend als die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht – die Vertraulichkeitspflicht von Personen zu verstehen, die einen Rechtsberuf ausüben. Mit diesem Argument sollen auch Kammerrechtsbeistände, Patentanwälte und Notare ausgenommen werden. Das Gleiche muss dann erst recht auch für den Steuerberater gelten, der als Organ der Steuerrechtspflege mit gerichtlicher Vertretungsbefugnis selbstverständlich einen Rechtsberuf ausübt. So sieht das übrigens auch unser Nachbarland Österreich. Dort werden Steuerberater und Rechtsanwälte auch nicht ungleich behandelt, sondern für beide Berufe sieht der Gesetzentwurf eines Hinweisgeberschutzgesetzes eine Ausnahme vor.
Bei Steuerberatern muss der Berufsgeheimnisschutz gewahrt bleiben und dieser ebenso wie der Rechtsanwalt aus dem Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes ausgenommen werden!
Ein Standpunkt von Reinhard Bolender, Vizepräsident StBK Hessen.