Schaffung eines Antragsverfahrens bei der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft
Der Bereich der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft ist bisher geprägt von großer Rechtsunsicherheit. Die Rechtsfolgen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft treten in Deutschland – anders als in anderen europäischen Ländern – unabhängig von Kenntnis und Willen der Beteiligten ein, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Vor dem Hintergrund, dass die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale auslegungsbedürftig sind und der BFH einen zunehmend strengeren Maßstab an die Eingliederungsvoraussetzungen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft anlegt, unterliegen Unternehmen einem ständigen Risiko, dass im Rahmen einer Betriebsprüfung
- eine bestehende Organschaft festgestellt wird, die irrtümlich nicht gelebt worden ist
oder
- eine irrtümlich von den Beteiligten angenommene Organschaft vom FA in Zweifel gezogen wird.
Die Feststellung einer tatsächlich bestehenden aber nicht gelebten Organschaft bzw. einer zu Unrecht gelebten Organschaft bei einer Betriebsprüfung hat weitreichende Folgen, wie z. B. die nachträgliche Festsetzung von Steuern und Zinsen sowie den im Zusammenhang mit einer rückwirkenden Korrektur verbundenen administrativen Aufwand.
Die Notwendigkeit eines Antragsverfahrens wird seit vielen Jahren von der Bundessteuerberaterkammer betont. Ein derartiges Verfahren wäre sowohl für die Steuerpflichtigen als auch die Finanzverwaltung vorteilhaft. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir ausdrücklich den Reformvorschlag, wie er in einem Eckpunktepapier des BMF zum Ausdruck kommt. Die zeitnahe Umsetzung eines Antragsverfahrens würde Rechtssicherheit von Anfang an bringen. Derzeit erfolgen nachträgliche Freistellungen bei Betriebsprüfungen, die viel Bürokratieaufwand im Nachhinein mit sich bringen. Dies könnte ein Antragsverfahren von vornherein verhindern.
Zulassen der Direktverrechnung der Einfuhrumsatzsteuer mit dem Vorsteuererstattungsanspruch
Das Verfahren zur Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer wird durch die Zollbehörden und das Erstattungsverfahren der Einfuhrumsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzugs durch die Finanzbehörden durchgeführt. Für beide Verfahren liegen in Deutschland uneinheitliche Bestimmungen und Fristen vor. Im Regelfall bedeutet dies für viele Unternehmen, dass die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer an die Zollbehörden und die zeitlich nachgelagerte Erstattung durch die Finanzbehörden zu nicht unerheblichen Liquiditätsnachteilen führen. Praktikabler und sachgerechter wäre eine Direktverrechnung der Einfuhrumsatzsteuer mit dem Erstattungsanspruch im Wege des Vorsteuerabzugs. Als Vorbild könnte die in Österreich bzw. anderen Mitgliedstaaten bereits seit über 10 Jahren bestehende gesetzliche Regelung dienen.
Anhebung der Grenze für die Ist-Versteuerung
Einem Unternehmer, dessen Gesamtumsatz im Vorjahr nicht mehr als 500.000,00 € betragen hat, wird auf Antrag gestattet, die Steuer nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen (Ist-Versteuerung § 20 Satz1 Nr. 1 UStG). Die Bundessteuerberaterkammer fordert, diese Grenze auf 600.000,00 € anzuheben.
Dies ist notwendig, weil mit dem ersten Bürokratieentlastungsgesetz die Buchführungsgrenze in § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO auf 600.000,00 € Umsatz im Kalenderjahr angehoben wurde. Damit werden Unternehmen mit einen Umsatz von bis zu 600.000,00 € von der steuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht und somit von unnötiger Bürokratie befreit. Um die Umsätze im Rahmen der Sollbesteuerung korrekt aufzuzeichnen, bleibt der Bürokratieaufwand für die Umsatzsteuer jedoch erhalten. Die angestrebte Erleichterung durch die Anhebung der Buchführungsgrenze ist damit wirkungslos. Im Ergebnis sollten die Buchführungsgrenze und die Grenze für die Ist-Versteuerung grundsätzlich identisch sein, da anderenfalls die Erleichterungen für kleinere Unternehmen in weiten Teilen ins Leere laufen.
Voranmeldungszeitraum bei Existenzgründern
Grundsätzlich sind Umsatzsteuer-Voranmeldungen vierteljährlich abzugeben. Die Regelung, dass Existenzgründer ihre Umsatzsteuervoranmeldungen 2 Jahre lang monatlich abzugeben haben, belastet Steuerpflichtige zusätzlich, die in der Regel mit den gesetzlichen Anforderungen noch kaum vertraut sind und sich in einer zumeist noch sehr unsicheren wirtschaftlichen Situation befinden. Die überwiegende Mehrzahl der Existenzgründer hat keine betrügerischen Absichten. Daher sollten diese nicht in ihrem Tatendrang durch bürokratische Hemmnisse behindert werden. Paragraf 18 Abs. 2 Satz 4 UStG sollte aus diesen Gründen gestrichen werden.
Grenzen für Kleinunternehmereigenschaft i. S. d. § 19 UStG
Seit Einführung der zurzeit gültigen Grenzen des § 19 UStG (höchstens 17.500,00 € Gesamtumsatz im vorangegangenen und voraussichtlich nicht mehr als 50.000,00 € Gesamtumsatz im laufenden Kalenderjahr) sind 16 Jahre vergangen und Preissteigerungen eingetreten. Der ursprüngliche Gedanke der Vereinfachung in Bagatellfällen, der zu den in § 19 UStG genannten Umsatzgrenzen geführt hatte, sollte erhalten bleiben. Eine Anpassung der Grenzen nach oben würde den Bürokratieaufwand in Deutschland verringern.