Liebe Kollegin, lieber Kollege,

im Rahmen der diesjährigen Kammerversammlung haben Sie mich mit großer Mehrheit in meinem Amt als Präsident der Steuerberaterkammer Hessen bestätigt. Für Ihr Vertrauen möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Ihr Votum ist Bestätigung des bisher Geleisteten und Ansporn zugleich weitere wichtige Themen in der neuen Amtsperiode anzupacken. Auf der Agenda der StBK Hessen stehen insbesondere die folgenden vier Schwerpunkte:

1. Die Kammer als Selbstvorbehaltsorgan ist ein Erfolgsmodell
Unsere Kammer hat über 8.800 Mitglieder und über 250 Berufsangehörige sind für die Kammer ehrenamtlich in unterschiedlichen Funktionen tätig. Als Selbstverwaltungsorgan sind wir ein Erfolgsmodell. Dies gilt es, stärker als bisher bei allen Akteuren unserer Gesellschaft in das Bewusstsein zu rücken. Dafür stehe ich ein und betone diesen Aspekt bei meinen zahlreichen Gesprächspartnern in der Politik und der Verwaltung. Die Bedeutung der Kammer für unser Allgemeinwohl ist schon deswegen hoch anzusiedeln, weil wir viele Staatsaufgaben wahrnehmen. Diese Funktion müssen wir auch gegenüber unseren Mitgliedern und der Öffentlichkeit stärker herausstellen. Damit soll letztlich auch den politisch Verantwortlichen aufgezeigt werden, dass die Bestrebungen der EU-Kommission, unsere Vorbehaltsaufgaben zu beschneiden und das Kammerwesen abzuschaffen, nicht nur mit Qualitätseinbußen für die Verbraucher einhergeht, sondern daneben auch ein gut funktionierendes Organ der beruflichen Selbstverwaltung ohne Not zerschlagen würde. Bei diesen Zielen arbeiten wir eng mit der Bundessteuerberaterkammer auf EU- und auf Bundesebene und in Hessen unter dem Dach "Kammern in Hessen - Freiheit in Verantwortung" mit den anderen Kammern der freien Berufe, den IHKs und den HWKs zusammen.

2. Die Steuerberaterpraxis 2030
Die Digitalisierung wird in den nächsten Jahren dazu führen, dass Buchführungstätigkeiten weitgehend automatisiert erledigt werden können und für uns deutlich geringeren Umsatz bringen. Auch bei der Abgabe von Steuererklärungen werden sich nachhaltige Veränderungen für unsere Praxen ergeben. Umso stärker muss unser Blick auf die Steuerberaterpraxis 2030 gerichtet werden. Wie sieht unser Berufsbild in 10 Jahren aus? Welche Chancen haben wir als Berater unserer Mandanten auf anderen Gebieten als der Buchführung und der Deklarationsberatung? Welche Fachkräfte mit welchen Qualifikationen werden künftig benötigt? Nach meiner festen Überzeugung hat unser Beruf unverändert eine positive Zukunft. Auch wenn klassische Beratungsfelder teilweise wegbrechen, werden wir als Berater eines Unternehmens andere Arbeitsgebiete stärker wahrnehmen. Der Ausbau der betriebswirtschaftlichen Beratung sowie die Hilfestellung des Mandanten bei der Einrichtung seines Buchhaltungssystems werden künftig eine größere Rolle spielen. Diese Themen werden wir mit einer Road-Show durch ganz Hessen zu Ihnen bringen.

Aktuell nehmen wir die Positionierung unserer Mitglieder als attraktiver Arbeitgeber in unser Blickfeld. Mit dem Wettbewerb AUSGZEICHNETER ARBEITGEBER möchten wir Ihre Arbeitgebermarke schärfen und Ihre Reichweite bei der Personalgewinnung vergrößern. Der aktuell von der Bundessteuerberaterkammer herausgegebene Leitfaden "Kanzlemitarbeiter von morgen" bietet Ihnen eine gute Möglichkeit, Ihren Status Quo als attraktiver Arbeitgeber zu überprüfen. Natürlich ist und bleibt das Thema Ausbildung des eigenen Nachwuchses hierbei von überragender Bedeutung.

3. Ehrenamtliches Engagement
Unsere Kammer lebt vom ehrenamtlichen Engagement ihrer Mitglieder. Im zurückliegenden Jahr wurden 270 Steuerberater und Steuerberaterinnen von unserer Kammer bestellt. Hiervon haben viele ihr Interesse an einer ehrenamtlichen Mitarbeit für die Kammer bekundet. Die gute Resonanz zeigt mir, dass wir auch in Zukunft ausreichend Mitglieder für die ehrenamtliche Arbeit finden werden. Der Generationenwechsel muss und wird uns gelingen. Das gilt auch in Hinblick auf die im Jahr 2023 anstehenden Vorstandswahlen. In einer Veranstaltung am 17. Oktober 2019 in Frankfurt werden wir allen interessierten Mitgliedern die vielfältigen Möglichkeiten für ein ehrenamtliches Engagement in der Kammer vorstellen. Wenn Sie sich ehrenamtlich engagieren und die Kammerarbeit mitgestalten möchten, melden Sie sich gerne bei der Kammergeschäftsstelle. Wir freuen uns auf Sie!

4. Digitalisierung der Kammerprozesse
In den letzten Jahren haben wir viele Kammerprozesse verschlankt und digitalisiert. Die früheren Papierakten wurden erfolgreich durch ein Dokumentenmanagementsystem abgelöst, die Publikationen der Kammer erscheinen online, die Kommunikation mit Ihnen wurde, wo gesetzlich möglich, digitalisiert und im Prüfungswesen steht bereits bei vielen Prüfungen die Online-Noteneinsicht bereit. Die Kammerwebsite bietet viele Informationen und Service online an. Nun sind wir pünktlich zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres mit dem Online-Ausbildungsnachweis am Start. Die digitale Verwaltung unserer ehrenamtlichen Gremien wird demnächst folgen.

Auch aus dem Tagesgeschäft lässt sich Neues berichten. Bereits vor einigen Jahren hat die StBK Hessen den Reformbedarf der Ausbildungsverordnung "Steuerfachangestellte/r" aus dem Jahr 1996 auf Bundesebene angemahnt, um insbesondere der zunehmenden Digitalisierung in der Berufspraxis Rechnung zu tragen. Die Bundessteuerberaterkammer hatte diese Anregung aufgegriffen. Nun liegt hierzu auch der Abschlussbericht des Bundesinstituts für Berufliche Bildung (BIBB) vor, der sich ebenfalls für eine Neuordnung der Ausbildung ausspricht. Das gesamte Neuordnungsverfahren wird voraussichtlich zwei Jahre dauern, sodass ab 2021 die ersten Steuerfachangestellten nach der neuen Ausbildungsordnung ausgebildet werden können.

Unter dem Titel „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ hat das Bundeskabinett am 31.07.2019 den Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2019 vorgelegt. Der Gesetzentwurf enthält verschiedenste Steuerrechtsänderungen. Die zunächst geplanten Verschärfungen der Grunderwerbsteuerregelungen sind in einen eigenständigen Gesetzentwurf überführt worden. Gegenüber dem Referentenentwurf neu eingefügt wurde der § 17 Abs. 2a EStG-E zur Abgrenzung von Anschaffungskosten für Anteile an Kapitalgesellschaften i.S.v. § 17 EStG. Künftig soll, soweit ein Darlehen aus gesellschaftsrechtlichen Gründen in der Krise der darlehensnehmenden Kapitalgesellschaft gewährt oder stehen gelassen wurde, ein Darlehensverlust zu den nachträglichen Anschaffungskosten zählen. Dies kompensiert einen Teil der Verschärfungen des § 20 Abs. 2 EStG-E, die die Steuerberaterkammern scharf kritisiert hatten. Die vorgesehenen Änderungen des § 20 Abs. 2 EStG selbst sind gegenüber dem Referentenentwurf unverändert geblieben. Die zunächst vorgesehene Ergänzung des Steuerberaterverzeichnisses (bestehende sofort vollziehbare Rücknahmen und Widerrufe der Bestellung, Bestellung eines Praxisabwicklers/-treuhänders) wurde gestrichen. Dies ist zu begrüßen, da im Steuerberaterverzeichnis sonst Eintragungen für Steuerberater hätten vorgenommen werden müssen, die im Berufsregister bereits gelöscht wurden. Das Steuerberaterverzeichnis beruht aber auf den Daten des Berufsregisters, das von den Steuerberaterkammern geführt wird. Der Bundesrat soll voraussichtlich in seiner Sitzung am 20.09.2019 zum Regierungsentwurf Stellung nehmen, das Gesetzgebungsverfahren bis zum Jahresende abgeschlossen werden.

Mit kollegialen Grüßen,
Ihr

Lothar Herrmann
Präsident der StBK Hessen