Der steuerberatende Beruf muss unabhängig bleiben! – Teil 3

Bereits in den beiden vorangegangenen Kammerrundschreiben hatten wir im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH vom 19.12.2024 (C-295/23 Halmer Rechtsanwaltsgesellschaft) sowie die mittelbare Beteiligung von Private-Equity-Investoren an steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften auf die unverzichtbare Unabhängigkeit des steuerberatenden Berufs hingewiesen. Dieser muss insbesondere vor Einflüssen und Abhängigkeiten von Geldgebern und gewerblichen Akteuren geschützt werden, damit er ausschließlich die Interessen der Mandanten verfolgen kann. Erfreulicherweise wird mit dem inzwischen vorliegenden Referentenentwurf eines 9. Steuerberatungsänderungsgesetzes deutlich, dass auch auf Fachebene des Bundesfinanzministeriums von einer notwendigen Klarstellung und Präzisierung und nicht etwa von einer Gesetzeslücke, wie vor allem die Verfechter einer Beteiligungsmöglichkeit von Private-Equity-Gesellschaften (PE-Gesellschaften) meinen, ausgegangen wird. Durch die im Entwurf vorgesehene Änderung des § 55a StBerG solle „ausdrücklich klargestellt werden, dass die Anforderungen, die an steuerberatende Berufsausübungsgesellschaften gestellt werden, auch von beteiligten anerkannten Wirtschaftsprüfungs- und Buchprüfungsgesellschaften eingehalten werden müssen“.

Die StBK Hessen begrüßt diese Klarstellung ausdrücklich und sieht sich in ihrer bisherigen Rechtsansicht durch den Referentenentwurf bestärkt. Der im Entwurf vorgesehene Zusatz hinter § 55a Abs. 1 Satz 2 StBerG ist allerdings aus Sicht der Kammer nachbesserungsbedürftig, da erneut nur auf eine gesetzliche Regelung verwiesen wird, hierbei aber offen bleibt, bis in welche Gesellschafterebene die Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt sein müssen. Es wurde deswegen im internen Abstimmungsprozess der Steuerberaterkammern ein eigener Formulierungsvorschlag gegenüber der BStBK eingebracht, der allerdings in der Stellungnahme der BStBK gegenüber dem Bundesministerium der Finanzen nicht aufgegriffen wurde. Die BStBK fordert jedoch, in der Gesetzesbegründung ausdrücklich klarzustellen, dass es sich bei EU-/EWR-Abschlussprüfungsgesellschaften nicht um „anerkannte Wirtschaftsprüfungsgesellschaften“ oder „anerkannte Buchprüfungsgesellschaften“ i.S.d. § 55a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und 4 StBerG handelt und daher die Beteiligung einer deutschen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, deren Gesellschafter eine EU-/EWR-Abschlussprüfungsgesellschaft ist, an einer steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaft unzulässig ist.

Es bleibt darauf hinzuweisen, dass nur die BRAO und das StBerG von der grundlegenden Reform der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften im Jahr 2022 erfasst wurden, nicht jedoch die WPO. Im Bereich der BRAO ist der Ausschluss berufsfremder Investoren jedoch bereits abgesichert, da neben den in § 59c BRAO genannten Personengruppen nur zugelassene Berufsausübungsgesellschaften nach der BRAO sich an anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften beteiligen dürfen (§ 59i BRAO). Die Regelungen der WPO stehen dem Konstrukt steuerberatender und anwaltlicher Berufsausübungsgesellschaften, wie sich gerade durch die mögliche mittelbare Beteiligung von PE-Gesellschaften an anerkannten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zeigt, systemfremd entgegen. Daher hatte der Gesetzgeber schon nach jetzigem Recht eine Schranke eingebaut: Dort, wo sich Wirtschaftsprüfungsgesellschaften an steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften beteiligen möchten, haben sie hinsichtlich Gesellschaftern und Geschäftsführern die Regelung des § 55a Abs. 1 S. 2 StBerG zu beachten, d.h. diese Personen müssen die Voraussetzungen der § 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 1-4 StBerG erfüllen.

Soweit in der teilweise hitzig geführten öffentlichen Debatte um den Referentenentwurf von interessierter Seite eingeworfen wird, der Referentenentwurf widerspräche europarechtlichen Vorgaben, etwa zur Kapital- und Niederlassungsfreiheit, kann dem nicht zugestimmt werden. Mit diesen Einwänden hatte sich bereits der EuGH in seinem Urteil vom 19.12.2024 (C 295/23 Halmer) im Zusammenhang mit dem Halten an den Geschäftsanteilen an einer Rechtsanwaltsgesellschaft auseinandergesetzt und im Ergebnis keine Verletzung dieser Freiheiten erkannt, da der Schutz der Empfänger von Rechtsdienstleitungen und der ordnungsgemäßen Rechtpflege zwingende Gründe des Allgemeininteresses darstellten (vgl. im Einzelnen auch Standpunkt KR 1/2025). Die Einschätzung eines Mitgliedsstaates sei legitim, wonach auch Gestaltungen in Satzungen von Rechtsanwaltsgesellschaften zur Absicherung der beruflichen Unabhängigkeit und anwaltlichen Integrität sich als unzureichend erweisen, um die Unabhängigkeit der Geschäftsführung und der Tätigkeit der Gesellschaft vor den ausschließlich an Gewinnerzielung ausgerichteten Entscheidungen des Finanzinvestors über Investitionen, Nicht- bzw. Desinvestitionen effektiv sicherzustellen.

Im Ergebnis ist es daher fernliegend, von der Möglichkeit auszugehen, dass steuerberatende Berufsausübungsgesellschaften im Gegensatz zu anwaltlichen auf die Gewinninteressen von Finanzinvestoren Rücksicht nehmen oder auch nur den Anschein erwecken dürften, dass dies der Fall sein könnte. Aus berufsständischer Sicht ist zu hoffen, dass der Referentenentwurf baldmöglichst in ein entsprechendes Gesetz mündet und in dieser für den Berufsstand zentralen Frage unmissverständlich Klarheit geschaffen wird.

In diesem Sinne wurde auf der 112. Bundeskammerversammlung am 23.09.2025 eine Resolution verabschiedet, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird, die rechtsstaatliche Unabhängigkeit des Berufsstandes abzusichern und die Umgehung des Fremdbesitzverbotes zu beenden.

Ein Standpunkt des Vorstandes der StBK Hessen.