Editorial
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
seit Anfang Juli 2025 läuft das Rückmeldeverfahren zu den Corona-Soforthilfen mit dem Versand der ersten Anschreiben an die Antragsteller selbst. Das Verfahren begann mit dem Anspruch, eine bürokratiearme, digitale und zugleich unkomplizierte Abwicklung zu ermöglichen. Als Kammer haben wir bereits sehr schnell nach dem Start zahlreiche Rückmeldungen aus der Praxis erhalten und an die zuständigen Stellen weitergegeben. So konnten einfache Fristverlängerungen bewirkt, die FAQ des RP Kassel mehrfach nachgeschärft und präzisiert werden – zuletzt mit Klarstellungen zu Personalkosten, Tilgungsraten, BWA-Grundlagen. Besonders wichtig: Für Fälle, in denen der Liquiditätsengpass in einem anderen Zeitraum lag, ist weiterhin die Berücksichtigung eines abweichenden Betrachtungszeitraums möglich.
In einem Austausch am 16.09.2025 mit Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori und dem Regierungspräsidium Kassel zusammen mit anderen Kammervertretern konnten weitere offene Punkte adressiert werden, wie die fehlenden Berücksichtigung des negativen Kontobestandes, die Problematik einer „doppelten“ Berücksichtigung bei einer Rückzahlungsverpflichtung der Soforthilfe für Juni 2020, wenn Betroffene für den Fördermonat Juni 2020 sowohl Leistungen nach der Soforthilfe als auch nach der Überbrückungshilfe erhalten haben. Nun ist kurzfristig ein sofortiges Moratorium für das Rückmeldeverfahren erlassen worden. Bis die angekündigte Prüfung der noch offenen Punkte abgeschlossen sind, ruht die Bearbeitung. Es werden keine neuen Bescheide versandt. Es drohen keine Fristversäumnisse. Für die betroffenen Unternehmen heißt das: Im Moment müssen sie nichts weiter tun. Sobald die Prüfung abgeschlossen ist, erhalten die Unternehmen neue Informationen und ggf. eine neuen Frist. Das Verfahren selbst bleibt notwendig aufgrund der Vorgaben von Landes- und Bundesrechnungshof, aber wir werden uns weiterhin für Entlastungen starkmachen.
Neben diesem intensiven Thema gibt es auch erfreuliche Nachrichten: Der Ausbildungsreport 2025 der DGB-Jugend hat die Ausbildung zur/zum Steuerfachangestellten auf Platz 1 der Zufriedenheitsskala gesetzt. Über 82 % der Auszubildenden sind sehr zufrieden oder zufrieden – ein Spitzenwert unter allen 25 untersuchten Berufen. Dies zeigt eindrucksvoll, wie attraktiv und wertvoll unsere Ausbildung ist. Jeder ausgebildete Nachwuchs ist zugleich eine Antwort auf den Fachkräftemangel. Nutzen Sie diese Chance, wenn Sie noch nicht ausbilden – Sie schaffen sich damit die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von morgen. Ergänzend hat die StBK Hessen auch eine Ausbildungsumfrage unter den Absolventen der Abschlussprüfung Sommer 2025 durchgeführt. Dieser können Sie interessante Aussagen entnehmen, was ausschlaggebend für die Wahl des Ausbildungsberufes und die jeweilige Kanzlei war.
Auch das Steuerberaterexamen steht wieder an – im Oktober erstmals an einem einzigen Standort in Hessen: und zwar in Wetzlar. Die nächsten Prüfungen in 2026 werden ebenfalls dort stattfinden, dann sogar elektronisch. Zugleich arbeitet die Bundessteuerberaterkammer an einer Reform des Examens, die wir als Steuerberaterkammer Hessen für dringend notwendig erachten und daher ausdrücklich begrüßen.
Ein zentrales Zukunftsthema bleibt die Digitalisierung. Rund 14 % der Mitglieder haben sich noch nicht auf der Steuerberaterplattform registriert bzw. ihr besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach (beSt) noch nicht aktiviert. Dabei ist dies bereits seit 01.01.2023 Pflicht und zugleich Basis für neue digitale Verfahren. Besonders hervorzuheben ist hier der neue SELF-SERVICE, der nun in einer ersten Stufe ausgewählten Mitgliedern zur Verfügung steht. Damit können berufliche Daten wie Kontaktdaten selbstständig geändert oder weitergehende Änderungen wie etwa zur Niederlassung oder Syndikustätigkeit digital angezeigt werden. Änderungen werden – nach Prüfung durch die Berufsregisterabteilung – unmittelbar ins Register übernommen, Unterlagen können direkt hochgeladen und der Bearbeitungsstand jederzeit eingesehen werden.
Mit dem SELF-SERVICE reagieren die Kammern auf den vielfach geäußerten Wunsch nach medienbruchfreier digitaler Kommunikation. In weiteren Ausbaustufen sollen auch angestellte Berufsträger, Gesellschaften und andere Gruppen Zugang erhalten. Damit entsteht Schritt für Schritt eine moderne und transparente Lösung, die Verwaltungsprozesse spürbar erleichtert.
Damit Sie diese Vorteile nutzen können, ist die vorherige Registrierung auf der Steuerberaterplattform und Aktivierung Ihres beSt zwingend erforderlich. Wer dies bisher noch nicht erledigt hat, sollte es baldmöglichst nachholen – nicht zuletzt, weil ab 2026 auch eine berufsaufsichtsrechtliche Überprüfung erforderlich wird. Nur mit einem registrierten Zugang zur Steuerberaterplattform und einem aktiven beSt ist gewährleistet, dass wir als Berufsstand im digitalen Rechtsverkehr zuverlässig auftreten und unsere besondere Rolle als Organ der Steuerrechtspflege wahrnehmen können.
Und schließlich: Mit Blick auf die Beteiligung von Private-Equity-Investoren an steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften bleibt die Unabhängigkeit unseres Berufsstands ein unverzichtbares Gut. Der Referentenentwurf des 9. Steuerberatungsänderungsgesetzes greift zentrale Klarstellungen auf, die wir seit langem gefordert haben. Auch wenn an einzelnen Stellen Nachbesserungsbedarf besteht, begrüßen wir den eingeschlagenen Weg ausdrücklich. Nur so kann sichergestellt werden, dass wir als Steuerberater unabhängig beraten und ausschließlich die Interessen unserer Mandanten vertreten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die kommenden Monate werden weiterhin anspruchsvoll bleiben. Mit Ihrer Unterstützung, Ihrem Engagement und unserem gemeinsamen Einsatz als Kammer können wir die Interessen unseres Berufsstands wirkungsvoll vertreten und zugleich die Chancen nutzen, die sich uns bieten.
Mit den besten kollegialen Grüßen und kommen Sie gut durch den Herbst.
Ihr Hartmut Ruppricht
Präsident StBK Hessen