Editorial
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Schlussabrechnungen der Corona-Hilfen haben uns Steuerberater/innen in den letzten Wochen noch einmal intensiv beschäftigt und die Ziellinie ist immer noch nicht erreicht. Viele Fragen sind weiterhin ungeklärt und werden nun wahrscheinlich die Gerichte beschäftigen. Auch wir Vertreter des Berufsstandes werden uns demnächst nochmals mit der Bewilligungsstelle zusammenzusetzen, um die eine oder andere „Kuh vom Eis“ zu bekommen.
In einer Zeit, die von wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Umbrüchen geprägt ist, stehen wir aber sonst weiter im Zentrum einer dynamischen und herausfordernden Entwicklung. Das dürfte uns allen klar sein. Um so wichtiger ist es, dass wir gegenüber der Politik und der Verwaltung notwendige Weiterentwicklungen in konstruktiver Art und Weise dabei gleichzeitig aber sehr klar aufzeigen.
Im Verbund der „Kammern in Hessen“ haben wir deshalb am 30.09.2024 das Weißbuch „Bürokratieabbau“ mit Vorschlägen zum Bürokratieabbau an Manfred Pentz, Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales und Entbürokratisierung übergeben. Wie Sie selbst bemerken, beeinträchtigt die zunehmende Bürokratie nicht nur unseren beruflichen Alltag, sondern das Wirtschaftswachstum in unserem Land insgesamt. Ständig neue bürokratische Vorgaben erschweren den Arbeitsalltag und halten potenzielle Selbstständige oftmals von der Gründung ab. Die Initiative „Kammern in Hessen“ hat deshalb nun gemeinsam mit dem Weißbuch ein Zeichen gesetzt. Mehr dazu in dieser Ausgabe.
Bürokratieabbau fängt aber oft im Kleinen an. Immer wieder wurde uns von Ihnen aufgezeigt, wie wichtig ein kurzer Draht zur Finanzverwaltung ist, um im Rahmen unserer täglichen Arbeit Rückfragen mit einem kurzen Telefonat erledigen zu können. Wir sind nicht müde geworden der Finanzverwaltung immer wieder aufzuzeigen, dass wir hierfür aktuelle Telefonverzeichnisse benötigen. Glücklicherweise konnten wir nun endlich Gehör finden und die Telefonverzeichnisse sollen nunmehr spätestens mit Beginn des neuen Jahres zur Verfügung stehen und quartalsweise aktualisiert werden. Sie finden Sie dann an gewohnter Stelle im geschützten Mitgliederbereich unserer Website.
Die stetig wachsenden Anforderungen und Veränderungen im Steuerrecht erfordern darüber hinaus nicht nur eine kontinuierliche fachliche Weiterbildung, sondern auch eine Neupositionierung unseres Berufsbildes. Gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen/innen haben wir insbesondere folgende Felder identifiziert, die wir in unserer täglichen Kammerarbeit mit Leben füllen, indem wir Sie informieren und entsprechende Dienstleistungsangebote für Sie auf den Weg bringen. Ob als Kammer selbst oder im Verbund mit externen Partnern ist hierbei für uns zweitrangig. Wichtig ist uns, dass Sie auf ein entsprechendes Angebot zurückgreifen können:
Digitalisierung und Automatisierung: Chance und Herausforderung zugleich
Die zunehmende Digitalisierung schreitet mit hoher Geschwindigkeit voran und ihre Auswirkungen machen auch vor unserem Berufsstand nicht halt. Automatisierte Buchhaltungslösungen, digitale Steuererklärungen und der Einsatz von künstlicher Intelligenz eröffnen neue Möglichkeiten, unsere Arbeit effizienter zu gestalten. Doch diese Entwicklung bringt auch Unsicherheiten mit sich: Werden zukünftig noch alle Aufgaben in der bisherigen Form von uns übernommen oder werden automatisierte Systeme uns hier ablösen? Wie auf dem diesjährigen Kammertag deutlich gemacht, liegt es an uns selbst, die Digitalisierung als Chance zu begreifen. Denn während viele Routineaufgaben künftig digital erledigt werden können, wächst gleichzeitig der Bedarf an beratender Tätigkeit. Unsere Expertise wird mehr denn je gefragt sein, um komplexe steuerrechtliche Fragestellungen zu bewerten, individuelle Lösungen zu entwickeln und Mandanten auf ihrem Weg durch ein sich wandelndes Steuerrecht zu begleiten.
Reform des Unternehmenssteuerrechts: Perspektiven und Herausforderungen
Ein weiteres zentrales Thema ist die geplante Reform des Unternehmenssteuerrechts. Die Politik will hiermit die steuerlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern, insbesondere mit Blick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit und die Entlastung des Mittelstands. Gerade für uns Steuerberater stellt dies eine anspruchsvolle Aufgabe dar, da wir unsere Mandanten über die bevorstehenden Änderungen fundiert informieren und sie optimal durch den Reformprozess begleiten müssen. Dabei ist es wichtig, dass wir als Berufsträger unsere Stimme einbringen. Die Steuerberaterkammer Hessen setzt sich aktiv dafür ein, dass die Erfahrungen und Anregungen aus der Praxis in den Gesetzgebungsprozess einfließen.
Fachkräftesicherung: Zukunft gestalten
Ein Thema, das uns alle gleichermaßen beschäftigt, ist der Fachkräftemangel, der auch in unserer Branche spürbar ist. Die Gewinnung und Ausbildung qualifizierter Nachwuchskräfte ist eine der dringlichsten Aufgaben, denen wir uns stellen müssen. Umso erfreulicher ist es, dass die Steuerberaterkammer Hessen zahlreiche Initiativen ins Leben gerufen hat, um junge Menschen auf unseren attraktiven Beruf aufmerksam zu machen und die Ausbildung zu fördern. Nachdem wir mit unserem Lehrgang „Ausbildung der Ausbilder“ offensichtlich einen Volltreffer gelandet haben, wie die ungebrochen hohe Teilnehmerzahl bestätigt, entwickeln wir aktuell einen Aufbaukurs, der sich gezielt der Ausbildung dual Studierender widmet. Denn unsere hessischen Kooperationsangebote in Steuerlehre sind längst mehr als nur eine exotische Ergänzung. Sie sind ein integraler Bestandteil unserer Fachkräftesicherung geworden, auch und insbesondere weil sie die Bedarfe der Praxis sehr konkret aufgreifen und flexibel auf notwendige Änderungen eingehen.
Stärkung des Berufsstandes durch Zusammenarbeit
Lassen Sie mich abschließend noch ein weiteres wichtiges Anliegen betonen: Wir Steuerberater können nur durch Zusammenarbeit und Austausch langfristig erfolgreich sein. Der Berufsstand lebt von einem intensiven Netzwerk und gegenseitiger Unterstützung. In diesem Sinne lade ich Sie alle ein, sich aktiv in die Arbeit der StBK Hessen einzubringen, Erfahrungen zu teilen und gemeinsam Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft zu erarbeiten.
Wir stehen als Steuerberater vor vielfältigen Aufgaben, die unser Berufsbild in den kommenden Jahren nachhaltig prägen werden. Doch mit unserer Fachkompetenz und dem Engagement jedes Einzelnen von uns können wir diese Herausforderungen meistern und unseren Mandanten auch weiterhin ein verlässlicher Partner sein.
Mit den besten kollegialen Grüßen,
Ihr Hartmut Ruppricht
Präsident StBK Hessen