Editorial

Sehr geehrte Kolleginnen,

sehr geehrte Kollegen,

ab heute ist das Portal für die Registrierung der Steuerberater im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfe freigeschaltet. Anträge können ab dem 10.07.2020 gestellt werden. Zu Ihrer Unterstützung stellt die Bundessteuerberaterkammer einen FAQ-Katalog mit ergänzenden Dokumenten zur Verfügung. Alle weiteren Infos zu diesem aktuellen Thema finden Sie in dieser Ausgabe unseres Kammerrundschreibens.

Nach fast zehn Jahren ist die Steuerberatervergütungsverordnung zum 01.07.2020 endlich an die wirtschaftlichen Entwicklungen anpasst worden. Steuerberater werden jetzt angesichts gestiegener Praxiskosten angemessen vergütet. Die Vergütungsvorschriften wurden zudem praxistauglich an das geänderte Berufsumfeld angepasst. Der vom Berufsstand initiierte und intensiv begleitete Novellierungsprozess kommt damit zu einem erfolgreichen Abschluss. Unsere wesentlichen Forderungen wurden umgesetzt. Neben der notwendigen Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung und an das Vergütungsrecht der Rechtsanwälte wird nunmehr auch die Textform für die elektronische Rechnungsstellung eingeführt. Die wesentlichen Änderungen im Vergütungsrecht werden in dieser Ausgabe vorgestellt. Hierbei wird auch auf die praxisrelevanten Fragen des Anwendungszeitpunkts und die Auswirkungen der temporären Absenkung des Umsatzsteuer-Satzes eingegangen. 

Völlig unverständlich dagegen ist nach wie vor die Haltung der Hessischen Landesregierung zur Systemrelevanz des steuerberatenden Berufs in unserem Gemeinwesen. Jeden Tag leisten wir zur Abfederung der Corona-Krise und zur Aufrechterhaltung einer kritischen Infrastruktur einen sehr wesentlichen Beitrag. Unser Berufsstand gehört daher dringend auf die Liste der Personengruppen mit Zugang zur Kinder-Notbetreuung. Hierauf haben wir zusammen mit dem Steuerberaterverband Hessen e.V. mehrfach in aller Deutlichkeit hingewiesen. Die von uns initiierten Maßnahmen zu diesem Thema haben wir auf unserer Website zusammengestellt. Wir werden nicht nachlassen, die Systemrelevanz für unseren Berufsstand einzufordern!

Zusätzlich zu unseren Aufgaben, Mandanten in allen steuerlichen Angelegenheiten zu unterstützen sind wir bei der betriebswirtschaftlichen Beratung insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen gefordert. In vielen Fällen sind diese aufgrund der Pandemie gefährdet und auf die stets kompetente und engagierte Beratung durch Steuerberater und Steuerberaterinnen zur Fortführung ihres Unternehmens mehr denn je angewiesen. Alle Maßnahmen und Bemühungen, damit Unternehmen, Selbständige und Bürger in finanzieller Hinsicht gut aus der Corona-Krise kommen, erfordern das sachgerechte und regelkonforme Anwenden der diversen Hilfsmaßnahmen und Unterstützungsprogramme. Wir sind dauerhaft mit der Wahrnehmung der steuerlichen und häufig auch betriebswirtschaftlichen Belange unserer Mandanten mandatiert und daher tiefgreifend mit deren finanziellen Verhältnissen vertraut. Daher sind wir in besonderer Weise in der Lage, die vom Gesetzgeber aufgelegten Hilfsprogramme passgenau auf die Situation der Mandanten anzuwenden.

Den Beschluss des Koalitionsausschusses vom 03.06.2020, übergangsweise die Mehrwertsteuer zu senken, hat auch unser Berufsstand überraschend zur Kenntnis genommen. Eine temporäre Änderung im Massenverfahren der Umsatzsteuer so kurzfristig einzuführen ist äußerst kritisch zu beurteilen. Auf die Unternehmen kommt ein erheblicher technischer und administrativer Umstellungsaufwand zu. Der Beratungsbedarf unserer Mandanten ist groß. In welchen Fällen, welcher Steuersatz anzuwenden ist, ist gerade bei Dauerleistungen, Anzahlungen, Gutscheinen usw. nicht trivial. Die Änderung des Umsatzsteuersatzes führt zu erheblichen steuer- und zivilrechtlichen Herausforderungen und Risiken für sämtliche in Deutschland umsatzsteuerlich registrierte Unternehmen. Auch für uns Steuerberater stellt sich diese Frage bei Gebührenabrechnung unserer Mandate. Es werden gerade im B2B-Bereich viele Rechnungen und die Umsatzsteuer-Voranmeldungen zu korrigieren sein. Um einen erheblichen Bürokratieaufwand in Zusammenhang mit Rechnungskorrekturen und Korrekturen der Umsatzsteuer-Voranmeldungen zu vermeiden, sollten zwei zentrale Erleichterungen umgesetzt werden. Zum einen sollte im BMF-Schreiben zur Senkung der Steuersätze eine Nichtbeanstandungsregelung für den Vorsteuerabzug im B2B-Bereich geschaffen werden. Zum anderen benötigen die Unternehmer und Steuerberater eine Fristverschiebung für die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung. Die Bundessteuerberaterkammer hat dies bereits dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages mit der Bitte vorgelegt, eine gesetzliche Billigkeitsregelung im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz zu erlassen.

Erfreuliches gibt es zur Neuordnung der Steuerfachangestellten-Ausbildung zu vermelden. Gegenwärtig wird davon ausgegangen, dass Auszubildende erstmals ab Sommer 2022 ihre Ausbildung nach der neuen Ausbildungsordnung beginnen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Zeiten fordern uns allen sowohl beruflich wie privat sehr viel ab. Ich wünsche Ihnen, Ihren Familien und Mitarbeitern ein paar erholsame Urlaubstage, damit Sie diese anspruchsvolle Zeit gut überstehen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Lothar Herrmann