Kein Schadensersatz bei Behauptungen „ins Blaue hinein“

Wer Schadensersatz begehrt, muss die anspruchsbegründenden Tatsachen konkret darstellen. Pauschalbehauptungen reichen hierzu ebenso wenig aus wie pauschale Forderungen. Diese Erkenntnis hat vor Kurzem einen Mandanten (im Folgenden auch: Kläger) ereilt, der die ihn betreuende Steuerberatungsgesellschaft auf Schadensersatz verklagte.

Mandant behauptet fehlende Aufklärung über Aussetzungszinsen

Im Rechtsstreit vor dem Landgericht Münster (Urteil vom 19.12.2018, Az. 110 O 5/18) hatte der Mandant behauptet, über die Pflicht zur Zahlung von (Aussetzungs-)Zinsen nach Einlegung eines Einspruches gegen einen – eine Immobiliengestaltung (sog. „Seeling-Modell“) ablehnenden – Steuerbescheid, verbunden mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§§ 361, 237 AO) nicht aufgeklärt worden zu sein. Hätte er gewusst, so der Mandant, dass monatlich 0,5 % Zinsen angefallen würden, hätte er die entsprechenden Steuern sofort gezahlt.

Die Steuerberatungsgesellschaft (im Folgenden auch: Beklagte) hat dagegen in einer Vernehmung ihres Steuerberaters K. vorgetragen, dass der Kläger auf die anfallenden Aussetzungszinsen ausdrücklich hingewiesen worden sei. Der Kläger habe jedoch nicht die nötige Liquidität gehabt und ausdrücklich Anweisung gegeben, alle Rechtsmittel auszuschöpfen, um die tatsächliche Zahlung der nicht anerkannten Vorsteuer herauszuschieben.

Landgericht Münster stellt Mindestanforderungen an den Vortrag des Mandanten über eine angeblich nicht erfolgte Aufklärung

Das Landgericht Münster hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass der Kläger gegen die Steuerberatungsgesellschaft keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen der behaupteten Pflichtverletzung durch unterlassene Aufklärung hat. Es stellt zunächst fest, dass der Kläger grundsätzlich zutreffend davon ausgeht, dass der Steuerberater auf den eventuellen Anfall von Nachzahlungszinsen hinzuweisen und dem Mandanten den Weg aufzuzeigen hat, wie er den Anfall solcher Nachzahlungszinsen vermeiden kann, insbesondere wenn der Mandant problemlos die Möglichkeit hat, die Steuerlast zu zahlen.

Im Streitfall ist das Landgericht allerdings nicht zu der Überzeugung gekommen, dass die Beklagte die entsprechende Pflicht zum Hinweis an den Kläger verletzt hat. Während diese nämlich bereits im Schriftsatz schlüssig die Beratung des Klägers durch den Steuerberater K. auch im Hinblick auf die anfallenden Zinsen dargelegt und Steuerberater K. dies in seiner Parteianhörung auch bestätigt hat, hat der Kläger nach Ansicht des Gerichts bei seiner Parteianhörung wenig überzeugend geschildert, er habe keinerlei Hinweise erhalten. Der Kläger, so das LG Münster, habe bei seiner persönlichen Anhörung nämlich auf die Frage, ob die Schilderung des Steuerberaters K. zutreffend sei, lediglich erklärt „… an diese Gespräche erinnere ich mich nicht…“.

Dazu führt das Landgericht Münster aus, dass das Bestreiten von Tatsachen mit Nichtwissen über eigene Wahrnehmungen jedoch nach § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig ist; das entsprechende Vorbringen des Gegners (also hier des Steuerberaters K.) gilt damit als zugestanden. Allein aufgrund der persönlichen Schilderung des Klägers im Verhandlungstermin konnte das Landgericht Münster nicht die Überzeugung gewinnen, dass eine entsprechende Beratung unterblieben ist. Seine Schilderungen waren unglaubhaft. Insgesamt wirkte der Kläger auf das Landgericht eher dergestalt, dass er nicht den vollständigen Überblick über seine steuerlichen Angelegenheiten hat und auch das steuerliche Modell der Generierung von Vorsteuerabzug durch das sogenannte „Seeling-Modell“ und dessen steuerlichen Voraussetzungen bis heute nicht richtig verstanden hat. Von daher hält es das Landgericht auch für durchaus möglich, dass der Kläger tatsächlich keine Erinnerung mehr daran hat, welche konkrete Beratung im Hinblick auf die Vor- und Nachteile eines Einspruchs/einer Klage und eines Antrages auf Aussetzung der Vollziehung ihm durch den Steuerberater K. der Beklagten damals erteilt worden sind. Ob dem Kläger überhaupt durch die Aussetzung der Vollziehung der Steuerforderung ein Schaden entstanden ist, konnte deshalb für das Landgericht Münster dahingestellt bleiben.

aus: KANZLEIintern, 12/2019 vom 20.12.2019